Spielerei oder ernsthaftes Investment? Blogvorstellung P2P-Game.com

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Beim Thema P2P-Kredite gehen die Meinungen innerhalb der Finanzblog-Community weit auseinander. Für die einen ist es Teufelszeug – für die anderen eine gute Möglichkeit, ihr Portfolio zu diversifizieren. In der heutigen Blogvorstellung habe ich Thomas zu Gast, der auf seinem Blog P2P-Game.com über aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich berichtet und sein etwas gespaltenes Verhältnis mit dem Thema aus Investorensicht dokumentiert.

Hallo Thomas, schön dass du Zeit für ein kurzes Interview gefunden hast! Erzähle uns doch zunächst ein paar Sätze über dich: Wer bist du und wie bist du zum Thema P2P-Kredite gekommen?

Ich bin ein Endvierziger (noch kein Boomer 😉 ) der sich in den letzten Jahren neben dem “normalen” Broterwerb, statt um seinen Porsche mit junger Freundin, verstärkt um seine Familie und die Finanzen gekümmert hat und dann vor einigen Jahren P2P für sich entdeckte. Meine sonstige Anlagestrategie ist sehr klassisch und langfristig orientiert und lässt wenig Freiraum für Entdeckungen oder gar so etwas wie einen “Spieltrieb” zu. Da kam mir das P2P Thema gerade recht und ich habe schnell beschlossen darüber auch ein Blog P2P-Game.com zu schreiben.

Deine Webseite heißt ja “P2P Game”. Das klingt zunächst mal so, als ob du nicht viel Vertrauen in P2P-Kredite hättest. Siehst du das Thema für dich also tatsächlich eher als Spiel oder doch als ernsthaftes Investment?

Ich bin da ambivalent und schwanke immer mal wieder in die eine oder andere Richtung. Bei P2P befinden wir uns im sogenannten grauen Kapitalmarkt. D.h. P2P ist in großen Teilen unreguliert, was natürlich per se weder gut noch schlecht ist, allerdings doch einiges mehr an Risiken birgt als eine börsennotierte Aktie oder gar ein breit streuender ETF.

Von daher ist für mich die exotische Seite immer noch die, die mich mehr anzieht: die Idee der direkten Kreditvergabe in kleinen Teilen und vor allem auch die extrem vielfältigen und interessanten Projekte von manchen Plattformen. Darüber steht natürlich auch die Renditeerwartung von über 10%. Das lockt dann doch schon sehr!

An wen richtest du dich mit deinem Blog, worüber schreibst du genau und welches Ziel verfolgst du damit?

Ich richte mich an alle, die sich mit P2P beschäftigen wollen oder bereits beschäftigen. Mein Ziel ist es nicht als Werbetrommel für P2P Kredite zu dienen, sondern das Thema kritischer zu betrachten. Ich beschäftige mich viel mit dem Thema Risiko bei P2P Krediten und versuche auch immer wieder aufzuzeigen, dass wir hier von einer Hochrisiko-Anlage reden, die ich selbst nur als kleine Beimischung empfehlen würde. Selbstverständlich schreibe ich auch nur über Plattformen, in die ich selbst investiert bin (skin in the game).

Auf wie vielen P2P-Plattformen bist du unterwegs und wie hoch ist die Rendite?

Mittlerweile investiere ich auf 22 Plattformen und die Rendite schwankt von 3% bis hin zu über 20%. Ich habe ein eher “konservatives” Portfolio (sofern das mit P2P überhaupt geht), das mehr auf Geschäftskredite ausgerichtet ist und komme damit durchschnittlich auf eine Rendite von nur 11,5%.

Hast du bestimmte Favoriten bei den P2P-Plattformen? Gibt es auch Anbieter von denen du abraten würdest?

Das schwankt. Im Moment mag ich sehr die Projekt-Finanzierer bei denen man in ein konkretes Projekt mit meist einem sehr ordentlichen Zins (>12%) investiert, wie bei Crowdestor. Für Anfänger würde ich das nicht empfehlen. Die sollten sich erst einmal mit P2P im Allgemeinen Vertraut machen und sich daran “gewöhnen”, dass es Verzug und Ausfälle geben kann. Dazu habe ich mal grundlegendes aufgeschrieben.

Und der letzte Teil deiner Frage ist heikel. Ich will es mal so beantworten: Bei neuen gehypten Plattformen, die noch keine 3 Jahre am Markt sind, investiere ich selbst sehr gerne. Weil sie um überhaupt erfolgreich werden zu können, entsprechend hohe Zinsen anbieten müssen. Allerdings nur sehr moderat da ich dort das Risiko am höchsten einschätze.

Und dann gibt es bei vielen Plattformen halt immer wieder Transparenz-Themen und “komische” Dinge die irritieren. Ein Beispiel ist FastInvest. Aber wenn man genauer hinschaut, findet man bei den meisten Plattformen Punkte, die einen stutzig machen – eine fast komplett unregulierte Branche im grauen Kapitalmarkt eben.

Wie hoch ist der laufende Aufwand bei P2P-Krediten tatsächlich? Reicht es aus, einmalig den Autoinvestor anzuschmeißen und fertig?

So einfach kann es wirklich sein – wenn man Abstriche bei der Rendite macht und das Thema einen auch nicht sonderlich interessiert, geht das schon so. Wobei ich schon einmal im Monat reinschauen würde, da sich doch immer mal wieder die Zinsen ändern und auch neue Anbahner dazu kommen und der Autoinvest dann entsprechend angepasst werden sollte.

Angenommen jemand möchte einen größeren Betrag in P2P-Kredite investieren. Was wäre deine Empfehlung für die Verteilung – Konzentration auf die größeren Plattformen oder breite Diversifikation über alle Plattformen hinweg?

Ich bin ein extremer Diversifikation-Freund. Allein durch die verschiedenen Risikoebenen (Plattform kann ausfallen, der sogenannte Darlehensanbahner kann bei Buyback ausfallen und der einzelne Kredit kann auch noch ausfallen) ist das Mehrdimensional. Ich habe das so gelöst dass ich auf sehr vielen Plattformen bin, aber die großen wie Mintos, Estateguru und Linkedfinance deutlich übergewichtet habe, den Mittelbau wie Swaper oder Robocash etwas höher und die kleinen sehr gering. So pi mal Daumen 9:3:1

Wie schätzt du die Chancen und Risiken von Investitionen in P2P-Kredite im Gegensatz zu Investitionen in Aktien ein? Hast du selbst auch schon Geld verloren?

Wie schon gesagt sehe ich deutlich höhere Risiken bei P2P Krediten, zumindest im Vergleich mit breiten Index ETFs. Allein zu dem Thema könnten wir ein ganzes Interview führen 😉 Und natürlich gibt es auch ein paar Vorteile – gerade die (vermeintliche) Linearität und der stetige Geldfluss begeistert viele P2P Anleger.

So richtig Schiffbruch habe ich noch nicht mit P2P erlitten, aber es zeichnen sich zwei Plattformen ab die sich negativ entwickeln. Zum einen Bondora, bei denen ich vermutlich nur mit einer sehr mageren Rendite unterm Strich rauskommen werde und zum anderen Flender, bei denen deutlich mehr Kredite als erwartet nicht mehr bedient werden. Aufgrund meiner hohen Diversifikation schadet mir das in Summe aber nicht.

Mit welchem Anteil deines Vermögens bist du selbst in P2P-Kredite investiert und wie legst du dein Geld sonst noch an?

Ich selbst habe 10% meines Vermögens in P2P Kredite investiert und würde mit deutlich mehr auch nicht mehr ruhig schlafen. Beim Rest orientiere ich mich an einem klassischen Gerd Kommer ETF Portfolio, was die Asset Allokation angeht. Ich versuche das meiste über Sammelanlagen abzubilden (also ETFs), nehme aber aus Neugier auch gerne mal einen Exoten wie CEFs oder BDCs und sogar die ein oder andere Einzelaktie mit rein ins Depot. Da kommt ab und an dann halt doch der Spieler wieder durch. Wobei ich nicht trade, sondern faktisch alles für die Ewigkeit kaufe und mich immer mal wieder diszipliniere, meine Asset Allokation einzuhalten und die ETFs nicht zu vernachlässigen!

Was wünschst du dir von den P2P-Plattformen für die Zukunft?

Deutlich mehr Transparenz über die Plattform selbst (Geschäftsbericht). Auch was die Auswahl bei Kreditprojekten angeht, ist die Qualität sehr unterschiedlich, die schwankt ziemlich. Auch hier Transparenz und mehr unabhängige Prüfungen.
Dann natürlich ganz banales wie vernünftiges Risikomanagement und Recovery Prozesse bei weiterhin attraktiven Zinsen jenseits der 10%.

Worauf dürfen sich deine Leser zukünftig freuen? Welche Themen sind als nächstes geplant?

Zum einen habe ich wie im Jahr zuvor wieder eine große P2P Umfrage laufen, die ausgewertet werden will. Zum anderen werde ich natürlich weiterhin das P2P Cafe betreiben – ein Podcast mit Lars Wrobbel zusammen, in dem wir über Neuigkeiten zu P2P sprechen und immer wieder Gäste dazu einladen. Dann das obligatorische P2P Reporting und wenn dann noch Zeit bleibt, wie gehabt weiter die P2P Schattenseiten wie Risiko, Moral und Betrügereien beleuchten…

Thomas, vielen lieben Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit der Bloggerei und deinen Investments.

1 Kommentar zu "Spielerei oder ernsthaftes Investment? Blogvorstellung P2P-Game.com"

  1. Auf jeden Fall ein guter Einblick in die Szene, vielen Dank. Wünschte die P2P Szene wäre in Deutschland auch stärker. Investieren ist ja leicht, aber mal nen guten P2P Kredit zu bekommen scheint mir kaum möglich. Hatte das mal versucht für Anlageobjekte, hat aber nicht funktioniert, weil es sich trotz guter Bonität nicht rechnet. Schade eigentlich.

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